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Wann ist eine telefonische- oder Videoberatung durch einen Neurologen sinnvoll?

Portrait Foto von Armin Heils.
Dr. med. Armin Heils
Facharzt für Neurologie und Geriatrie  ⸱
3.6.2024
Armin Heils Hand mit Stift schreibt Notizen.

„Ich würde gerne mal mit einem Neurologen sprechen“, diesen Satz höre ich in meiner Tätigkeit immer wieder. Warum nicht? Nur zu. Ich stehe Ihnen in Ihrem Anliegen, Ihren Fragen oder bei gesundheitlichen Sorgen und Problemen sehr gerne als kompetenter Ratgeber zur Verfügung.

Die Frage ist allerdings, in welchen Fällen eine solche Telefon- oder Videosprechstunde Sinn macht. Dazu einige Gedanken meinerseits und auch ein kleiner Ausflug in das spannende Fach Neurologie im allgemeinen.  

Telefon-Sprechstunde? Video-Sprechstunde? Macht das Sinn? Es klingt recht einfach. Man muss nicht das Haus verlassen, bucht sich schnell einen Termin, und man muss auch nicht in einem Wartezimmer ewig warten.  

Aber geht das überhaupt? Kann man als Arzt überhaupt einen Patienten auf die Distanz behandeln? Ist das denn notwendig, wenn wir doch in Deutschland angeblich so viele Ärzte haben, die wir direkt im Krankenhaus oder in ihrer Praxis aufsuchen können? Aber, entspricht das Ihrer Erfahrung? Und zu guter Letzt: Ist das überhaupt erlaubt, einen Patienten auf die Distanz zu behandeln oder zu beraten?  

Nun, die Frage, ob wir in Deutschland genug Ärzte haben, will ich an dieser Stelle nicht diskutieren, sondern an anderer Stelle. Wenn wir uns die Erreichbarkeit in manchen Praxen und die zum Teil sehr langen Wartezeiten auf einen Termin betrachten, dann mögen einem daran Zweifel kommen.

Die Lösung vieler – natürlich nicht aller – neurologischer Probleme erfolgt in der Regel hauptsächlich durch ein ausführliches Gespräch, eine sogenannte Anamneseerhebung, und diese ist jederzeit auch zum Beispiel im Rahmen einer Telefon- oder Videosprechstunde möglich.  

Ja, und diese Tätigkeit ist seitens der ärztlichen Standesvertretungen und der ärztlichen Selbstorganisation erlaubt und durchaus erwünscht. Telefonische, online- und videobasierende Sprechstunden etablierten sich gerade in den zurückliegenden Corona-Zeiten und haben sich durchaus bewährt. Es zeigten sich viele Vorteile dieser recht neuen Methode, und auch nach Corona werden Videosprechstunden zunehmen und möglicherweise ein wichtiger Bestandteil unserer medizinischen Versorgung werden. Telefon- und Videosprechstunden bieten für den Patienten und Ratsuchenden viele Vorteile.

Wichtig ist es allerdings, dass sowohl Patient als auch Arzt wissen, wo die Grenzen dieser Methoden sind. Wichtig ist es auch, dass ein Patient weiß, welchen Spezialisten er zu welchem Problem konsultiert. Das wichtigste ist jedoch, dass der Patient einen festen Ansprechpartner hat, von dem er sich trotz der physikalischen Distanz einen gewissen Eindruck verschaffen kann, um Vertrauen in dessen Wissen und seine Person zu entwickeln.  

Unkomplizierte Abläufe, vertrauensvolle Kontakte unter Nutzung zertifizierter Medien und eine ärztliche Tätigkeit unter dem Dach des in Deutschland geltenden Berufsrechts sind eine grundsätzliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung und Beratung sowohl für Arzt als auch Patient. Und nicht zuletzt: Die Transparenz der Kosten ist ein wichtiger Faktor.  

Meiner Ansicht nach ist es fraglich, ob große medizinische Plattformen, bei denen Sie vielleicht mit ausschließlich englischsprachigen Kolleginnen oder Kollegen die sich vielleicht gerade in den Niederlanden befinden, verbunden werden, eine Zukunft haben werden. So ist es auch nicht erstaunlich, dass gerade solche Plattformen eher nicht einen Zugewinn an Nachfrage verzeichnen.    

Aber wann sind Sie denn nun ein Patient für einen Neurologen?  

Die Neurologie befasst sich mit den Erkrankungen des Nervensystems, also dem Gehirn, dem Rückenmark und den peripheren Nerven als auch mit Muskelerkrankungen.  Innerhalb der Medizin gilt die Neurologie als ein sehr anspruchsvolles Fachgebiet, dessen Ausübung detaillierte Kenntnisse über unser kompliziertestes Organsystem, nämlich das Nervensystem, erfordert.

Neurologische Diagnosestellung erfordert eine ausführliche Anamnese im Rahmen eines Arzt-Patienten Gesprächs, und dies ist sicherlich nicht im Rahmen einer „5 Minuten Medizin“ möglich.

Die Neurologie ist ein faszinierendes Fachgebiet, weil sie eigentlich keine Apparatemedizin ist, sondern vieles bereits im Arzt-Patienten Kontakt geklärt werden kann. Dafür braucht es Zeit. Zeit, die uns immer weniger zur Verfügung steht. Dieser Zeitmangel und auch die wirtschaftlichen Zwänge eines niedergelassenen Neurologen führen häufig dazu, dass der Arzt-Patientenkontakt manchmal für beide Seiten unbefriedigend ist.  

Gibt es eine Alternative?    

Leider liegt es auch im Trend zu glauben, dass eine exakte neurologische Diagnose am ehesten durch die zur Verfügung stehenden bildgebenden Methoden wie Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) gestellt werden kann.  

Neurologische Beschwerden führen den Patienten daher oft zuerst zum Hausarzt und von dort aus direkt „in die Röhre“.  Warum? Weil ein Termin beim Neurologen vielleicht erst in einem halben Jahr oder gar noch später zu erhalten ist? Und wenn dann zwischenzeitlich in der Bildgebung nichts Besonderes zu sehen ist, dann wird ja wohl nichts Schlimmes sein, oder? Dann brauche ich ja vielleicht auch gar keinen Neurologen mehr? Reichen dann nicht das unauffällige MRT oder das „CT ohne Befund“ aus? Wenn der Radiologe nichts Schlimmes sieht, dann wird doch wohl auch nichts Schlimmes sein, oder?

Oder doch?  

Aber was, wenn Sie sich vorstellen, vielleicht unter chronisch quälenden Kopfschmerzen zu leiden?  

Wir unterscheiden mehr als 200 unterschiedliche Formen von Kopfschmerzen. Diese können durch einen erfahrenen Neurologen in einem ausführlichen Gespräch unterschieden werden, und danach kann dann auch eine erfolgversprechende Therapie verordnet werden.  

Dieser Kontakt mit dem Neurologen kann nicht durch „die Röhre“ ersetzt werden.

Leiden Sie vielleicht tatsächlich unter chronischen Kopfschmerzen? Dann können Sie davon ausgehen, dass in der Bildgebung mit aller größter Wahrscheinlichkeit ein Normalbefund herauskommen wird. Auch ein Hirntumor ist äußerst unwahrscheinlich. Zum Glück. Aber Ihre Kopfschmerzen sind dadurch sicher nicht geheilt, oder?  

Leiden Sie vielleicht unter Migräne?  

Viele Menschen leiden unter Migräne, einer speziellen und häufigen Form des Kopfschmerzes. Nur wenige dieser Patienten erhalten eine wirksame und leitliniengerechte Therapie, zum Beispiel mit einem Triptan. Es wird daher Zeit, dass jeder, der es braucht, auch eine vorhandene wirksame Behandlung erhält.  

Manchmal hilft bei Migräne auch einfach das gute alte Aspirin. Aber auch da kann man Fehler machen, wenn man es nicht richtig macht. Man sollte sich daher nicht wundern, wenn Aspirin alleine eingenommen nicht wirkt.

Viele Patienten sagen mir, dass herkömmliche Schmerzmittel bei Ihnen nicht wirken und dass sie etwas stärkeres brauchen. Aber dem ist nicht unbedingt so. In der Attacke steht nämlich der Magen still!! Nur ein gleichzeitig eingenommenes sogenanntes Antiemetikum kann dem Aspirin zur Wirksamkeit verhelfen, denn es lindert nicht nur die Übelkeit, sondern führt dazu, dass sich der Magen wieder in die „richtige Richtung bewegt“ und nicht in die falsche…  Es sollte zudem ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen diesen beiden Medikamenten eingehalten werden. Nur wenige Patienten erhalten diesen entscheidenden Rat. Und dafür benötigt man nicht unbedingt einen Termin in einer Arztpraxis in einem halben Jahr, sondern vielleicht wirklich nur einen schnell verfügbaren Ansprechpartner, der relativ schnell herausfinden kann, wo das Problem liegt und wie es beseitigt werden könnte.  

Bei welchen Erkrankungen hilft der Neurologe?

Neurologie ist ein anspruchsvolles medizinisches Fachgebiet. Neurologie kann helfen, lindern oder heilen. Aber gute Neurologie braucht Zeit. Sie braucht gute Spezialkenntnisse, Erfahrung und Wissen. Dies alles kann in bestimmten Bereichen der Neurologie komplizierte Apparate nicht nur ersetzen, sondern ist tatsächlich die einzige Chance zu helfen.  

Neurologische Erkrankungen sind vielfältig. Manche sind schwierig zu diagnostizieren, manche sind schwer zu behandeln und manchmal muss die Therapie im Laufe der Zeit angepasst werden.

Leider gibt es in der Neurologie auch Erkrankungen, die nicht gut oder gar nicht behandelt werden können. Zum Glück ist dies selten der Fall.

In aller Regel können Patienten klar und eindeutig ermutigt werden, den Kontakt zu einem Neurologen zu suchen. Patienten dürfen die berechtigte Hoffnung haben, eine hilfreiche und wirksame Behandlung zu erhalten.  

Manche neurologischen Erkrankungen brauchen einen Spezialisten vor Ort. Dies gilt besonders für Erkrankungen wie die Multiple Sklerose oder die Parkinson-Krankheit.

In der Neurologie gibt es auch Notfälle, bei denen es um Minuten geht. Hierzu gehören die Schlaganfälle, also die Durchblutungsstörungen des Nervensystems oder seltener die Einblutungen in das Gehirn. In solchen Fällen braucht es den Neurologen oder die Neurologische Klinik direkt am Patienten. Distanzbasierende Behandlungen können in solchen Fällen nicht weiterhelfen.  

Viele neurologische Erkrankungen aber, und das sind die häufigsten überhaupt, verlaufen chronisch über viele Jahre oder gar ein ganzes Leben lang. Die richtige Diagnose erfordert in diesen Fällen häufig eben nicht die klassische Apparate Medizin, sondern den erfahrenen Arzt, der sich Zeit nimmt hinzuhören. Zu dieser Gruppe zählen insbesondere die Kopfschmerzen (Cephalgie)  und die Schwindel Erkrankungen (Vertigo).  

Im Grenzgebiet zwischen Neurologie und der Altersmedizin (Geriatrie) stehen die mit zunehmendem Alter immer häufiger werdenden Demenzerkrankungen. In diesen Fällen ist es gut, wenn der Neurologe auch über spezielle geriatrische Kenntnisse verfügt, oder wenn der Geriater über neurologische Kenntnisse in der Diagnostik und Behandlung von Demenz Erkrankungen verfügt.

Jede Form der Demenz kann medizinische Probleme bereiten. Manchmal werden Pflegende und Angehörige auf eine harte Probe gestellt. Leider ist ein einfacher Rat oft weit entfernt und schwierig zu erhalten. Dies kann für Patienten und ihre Angehörigen zu unnötigem Leid führen. Die schlechteste Lösung ist in den meisten Fällen eine Krankenhaus Einweisung. Leider ist eine solche Einweisung fast noch am leichtesten zu erhalten. Leider.  

Was nun?  

Brauchen Sie Rat oder Hilfe für sich oder einen Angehörigen? Wählen Sie gerne einen Termin bei mir. Ich stehe Ihnen telefonisch als auch über eine Video-Konferenz zur Verfügung. Gerne helfe ich Ihnen weiter.

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